Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
§ 288 Randnummer 1

Zugestanden werden können „die von einer Partei behaupteten Tatsachen". Als Tatsachen bezeichnet man „die konkreten nach Raum und Zeit bestimmten, vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnisse und Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens" (RoSchwab § 116 I 1; vgl. auch BGH DRiZ 1974, 27 und NJW 1981, 1562). Es sollen aber auch Geständnisse über juristische Beurteilungen zugelassen werden, „wenn solche Beurteilungen einer eindeutigen und unzweifelhaften Subsumtion zu entnehmen sind" (RoSchwab § 117 I 1 a), was insbesondere für Rechtsbegriffe des täglichen Lebens wie Kauf, Miete, Schenkung, Darlehn gelten soll (St/J-Leipold RN 6). Von daher ist es kein weiter Schritt mehr zum Geständnis von präjudiziellen Rechtsverhältnissen (Würthwein S. 61 ff.; Brehm S. 32 ff.). Die Diskussion dieser Fragen wäre um vieles klarer, wenn man sich vergegenwärtigte, daß die Differenzierung von Rechts- und Tatfragen weder an Merkmalen in der außersprachlichen Welt noch auf der Begriffsebene, sondern allein auf der Satzebene in einem konkreten Begründungszusammenhang getroffen werden kann (vgl. Rüßmann in H.J. Koch Juristische Methodenlehre und analytische Philosophie, 1976 S. 255 ff.). Ob ein Behauptungssatz geständnisfähig ist, richtet sich nach zwei Gesichtspunkten: einerseits danach, ob das Gericht versteht, was mit dem Satz gesagt ist, und andererseits danach, ob das Gericht meint, daß auch der Gegner der behauptenden Partei weiß, was mit der Behauptung zum Ausdruck gebracht wird. Beide Gesichtspunkte weisen Parallelen zum Substantiierungsgebot auf und können wie dieses zu von Fall zu Fall unterschiedlichen Ergebnissen führen (vgl. vor § 284 RN 22). Sind die Gesichtspunkte erfüllt, kann auch eine Behauptung, welche mit gesetzlichen Begriffen aufgestellt wird, zugestanden werden mit der Folge, daß nunmehr für die Wahrheit der Behauptung eine Vermutung streitet ( vor § 288 RN 5).


vor nächste Randnummer
Gesetzestext