Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 7

3. Rechtsverfolgung und Normativierung

Die Literatur nahm es auf sich, diese Entwicklungen im nachhinein zu legitimieren, indem sie eine über die Ausgleichsfunktion hinausweisende Rechtsverfolgungsfunktion des Schadensrechts entdeckte (repräsentativ Neuner AcP 133 (1931), 277 und Wilburg IherJb 82 (1932), 51). Sie mündete in einen gegliederten Schadensbegriff mit einem objektiven Schaden auf der einen und dem subjektiven Interesse auf der anderen Seite. Allein hinsichtlich des subjektiven Interesses sollte die Differenzhypothese gelten. Der objektive Schaden, der gemeine Wert des verletzten oder entzogenen Guts, sollte der Rechtsverfolgung wegen unabhängig von der Funktionsbestimmung des beeinträchtigten Guts im Vermögen des Anspruchsberechtigten und auch dann ersetzt werden, wenn die Differenzrechnung einen Schaden nicht ergab. Einen gemeinen Wert sprach man allen Gütern zu, die man auf dem Markt gegen Geld tauschen konnte, den eigentumsfähigen Sachgütern, aber auch der menschlichen Arbeitskraft und den Nutzungsmöglichkeiten sachlichen wie geistigen Eigentums. Man sprach in diesem Zusammenhang von einem Begriff mit „normativem Charakter" (Neuner AcP 133 (1931), 307) und gab damit der Rechtsprechung eine Zauberformel (normativer Schadensbegriff) an die Hand, die einerseits die bisherige Spruchpraxis bestätigte und andererseits eine Entwicklung auslöste, in deren Verlauf die ursprüngliche Grenzziehung zwischen materiellen und immateriellen Schäden sich bis zur Unkenntlichkeit verflüchtigte. Schließlich wird selbst die Freizeit zu einem Vermögensgut und ihre Aufwendung zu einem ersatzfähigen Vermögensschaden (OLG Frankfurt NJW 1976, 1320).


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