Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 60

1) Die Teilnahme am allgemeinen Verkehr auf der Straße, der Schiene, zu Wasser und in der Luft birgt Risiken in sich, denen sich jedermann aussetzt und aussetzen muß. Realisiert sich das Risiko, so kann es nicht auf den abgewälzt werden, dessen Verhalten zwar Ursache für die konkrete Teilnahme am allgemeinen Verkehr war, aber doch keine spezifische Risikoerhöhung bewirkte. Deshalb haftet man nicht für Schäden, die der Verletzte dadurch erleidet, daß ihm bei dem späteren Flug ein Unglück zustößt, er auf dem Transport ins Krankenhaus oder bei der Taxifahrt vom Krankenhaus nach Hause in einen weiteren Unfall verwickelt wird, obwohl Flug, Transport und Taxifahrt ohne den Erstunfall so nicht stattgefunden hätten. Der Erstunfall hat aber nicht zur Erhöhung des allgemein mit der Teilnahme am Verkehr verbundenen Risikos, einen Unfall zu erleiden, geführt. Diese Sicht der Dinge ändert sich, wenn der weitere Unfall auf die besondere Gefährlichkeit des durch den ersten Unfall induzierten Nottransports zurückzuführen ist. Im Grenzbereich zwischen allgemeinem Lebensrisiko und infolge der Erstverletzung gesteigerten Risiko liegt der vom BGH (NJW 1952, 1010) unter Adäquanzerwägungen entschiedene Krückenfall: Der Geschädigte hatte durch Verschulden eines anderen ein Bein verloren und trug seitdem eine Krücke. Bei Kriegsende geriet er als Zivilist mit seiner Familie unter Artilleriebeschuß. Während sich die übrigen Familienmitglieder durch Davonlaufen retten konnten, wurde der Beinamputierte von einem Granatsplitter tödlich getroffen. Der BGH sah dies als inadäquate Folge des Unfalls an; andere sprechen - wohl mit Recht - von der Verwirklichung eines spezifischen durch den Unfall gesteigerten Risikos (Kramer JZ 1976, 344).


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