Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
§ 254 Randnummer 20

Insgesamt ist es unbefriedigend, wie die Rechtsprechung das Aufeinandertreffen eines eigenen Schädigungsbeitrags des Geschädigten mit den Schädigungsbeiträgen mehrerer Nebentäter behandelt. Die geforderte Einzelabwägung führt zu überaus komplizierten Rechenoperationen und steht im unerklärten Wertungswiderspruch zur Gesamtschuldhaftung der Nebentäter für den Fall, daß ein Eigenbeitrag des Geschädigten nicht anzurechnen ist. Dieser Wertungswiderspruch läßt sich nur dahin auflösen, daß auch bei einem Schädigungsbeitrag des Geschädigten der Schadensfall nach Gesamtschuldregeln abgewickelt wird. Das bedeutet zunächst, daß die Nebentäter jedenfalls auf den Teil des Schadens, der nach Abzug des den Geschädigten treffenden Selbstbehalts bleibt, gesamtschuldnerisch haften. Zugleich kann man aber auch den Geschädigten wegen seines Beitrages sich selbst gegenüber als Quasischuldner ansehen und in den Gesamtschuldnerverband einstellen (vgl. dazu E. Lorenz, S. 34 ff.). Das hat für das Außenverhältnis gegenüber den Nebentätern keine Konsequenzen; denn die haften schon wegen § 254 BGB immer nur auf den um den Eigenbeitrag des Geschädigten gekürzten Schaden. Für das Innenverhältnis aber ergibt sich über eine entsprechende Anwendung des § 426 Abs. 1 Satz 2 BGB die wünschenswerte Beteiligung des Geschädigten am Ausfallrisiko eines für den Schaden mitverantwortlichen Schuldners (E. Lorenz, S. 49 f.). Hinsichtlich der Behandlung von Haftungs- und Zurechnungseinheiten ist zu differenzieren. Im Außenverhältnis führt eine derartige Einheit nur dann zu einer Haftungsänderung, wenn der Beitrag eines Dritten dem Geschädigten zugerechnet werden kann. Die Zurechnungsmöglichkeiten richten sich nach den allgemeinen Kriterien und sollten darüber hinaus nicht durch Haftungs- und Zurechnungseinheiten erweitert werden. Für das Ausgleichsverhältnis ist zu fragen, welches die tragenden Gesichtspunkte für die Annahme einer Haftungs- und Zurechnungseinheit sind. Kommt die Einheit dadurch zustande, daß aufgrund von Sondervorschriften des Haftpflichtrechts (§§ 278, 831, 832 BGB oder § 7 StVG) jemand für den von einem anderen herbeigeführten Schaden einzustehen hat, dann haftet die Einheit gesamtschuldnerisch auf die Quote, die nach dem Beitrag des Handelnden bemessen wird. Ohne Sondervorschriften der genannten Art, wenn also lediglich faktisch die Tatbeiträge mehrerer vor der Verletzung des Geschädigten zu einem Verletzungsfaktor verschmolzen sind, ist für jedes Mitglied der Einheit eine besondere Quote festzusetzen, deren Summierung selbstverständlich nicht über den Beitrag der Einheit zum Gesamtschaden hinausgehen darf (E. Lorenz, S. 42 ff.).


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Gesetzestext