Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 445 Randnummer 2

Die gesetzliche Regelung der Parteivernehmung atmet noch den Geist des Parteieides, den sie mit der Reform 1933 eigentlich ablösen sollte. Zwar hat die damalige Reform die an den Parteieid geknüpften gesetzlichen Beweisregeln beseitigt und an ihre Stelle die freie richterliche Beweiswürdigung gesetzt. In dem Beschlußerfordernis mit der Angabe der genau umrissenen Beweisfrage, der Bindung an die Beweislast bzw. dem Erfordernis, schon einigen Beweis erbracht zu haben, und dem Subsidiaritätsprinzip kehren aber die übrigen Merkmale des Parteieides bei der Parteivernehmung wieder. Der Siegeszug der freien Beweiswürdigung unter Ausnutzung aller verfügbaren Informationen namentlich derjenigen, die für den individuellen Konflikt die besten Informanten sind, ist auf halber Strecke stehen geblieben und hat der Prozeßrechtsdogmatik wie der Prozeßrechtspraxis ein überflüssiges Abgrenzungsproblem beschert, dessen einzige Funktion darin besteht, Revisionsfallstricke zu legen.


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