Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 373 Randnummer 25

Zur Klärung der äußeren Reizkonstellation gehören unbedingt Feststellungen über den Standort der Auskunftsperson und den Ort des berichteten Geschehens. Spezifische Reizfigurationen können nur dann wahrgenommen werden, wenn sie sich von ihrer Umgebung hinreichend abheben. Der für die Empfindung notwendige Unterschied ist eine Funktion der Intensität des Umgebungsreizes mit gleich bleibendem Faktor (Fechner/Webersches Gesetz, vgl. Hajos S. 26 ff. und 49 ff.), so daß unter Außerachtlassung der Extrembereiche bei steigender Intensität des Umweltreizes auch die zur Wahrnehmung erforderliche Differenz immer stärker werden muß. Das gilt für alle Sinnesmodalitäten (Berelson/Steiner S. 67 f.). Für das, was der Zeuge gesehen haben will, muß man in Rechnung stellen: das Blickfeld einschließlich etwaiger Hindernisse zwischen Standort und ,,Tat"ort, den Blickwinkel, die Licht- und Witterungsverhältnisse, die Anpassungschwierigkeiten bei einem raschen Wechsel von Hell nach Dunkel, die Schnelligkeit des Geschehensablaufs. Für das, was der Zeuge gehört haben will, müssen die akustischen Verhältnisse eruiert werden: schallbrechende Hindernisse zwischen Standort und ,,Tat"ort, mögliche Echowirkungen, der allgemeine Lärmpegel. Für alle Sinnesmodalitäten gilt, daß Zweifel über Wahrnehmungsmöglichkeiten in einer konkreten Situation sich am ehesten mit einer Rekonstruktion des fraglichen Geschehens, einem nachgestellten Experiment, bestätigen oder ausräumen lassen (vgl. Trankell S. 63 ff.).


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