Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 373 Randnummer 2

In einem merkwürdigen Gegensatz zu der theoretischen Geringschätzung des Zeugenbeweises steht dessen praktische Handhabung. Bender/Nack (RN 482) berichten von einer Untersuchung des Instituts für Rechtstatsachenforschung Stuttgart (heute Konstanz), nach der bei 1400 Zeugenvernehmungen vor dem Amtsgericht ganze 65 mal dem Zeugen nicht geglaubt worden sei. Begründungen dafür, daß und warum man einem Zeugen glaube, hätten sich kaum gefunden. Die 65 Fälle, in denen man dem Zeugen nicht geglaubt habe, seien dagegen alle mit Gründen versehen worden. Dabei sei am häufigsten angeführt worden, daß objektive Tatsachen gegen die Richtigkeit der Aussage sprächen (45 %). Weitere Gründe waren der Widerspruch zu anderen Zeugenaussagen (24 %) und das Interesse des Zeugen am Ausgang des Rechtsstreits (24 %) (vgl. auch die detaillierten Analysen - desselben Aktenmaterials? - bei Bürkle S. 139 ff.; zu der Wirkung eines Augenzeugen auf das Urteil von "Laien" vgl. den Bericht von Loftus Psychologie Heute, April 1975, 21 f.).


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