Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 415 Randnummer 5

Soweit die Beweiskraft echter und unverfälschter Urkunden durch die §§ 415 bis 418 festgelegt ist, ist die freie Würdigung nach § 286 ausgeschlossen. Ob überhaupt Raum für eine freie Würdigung bleibt, hängt von der Fassung des Beweisthemas und der Beziehung der beurkundeten Gedankenerklärung zum Beweisthema ab. Ist Beweisthema die Abgabe der beurkundeten Erklärung, gibt es bei keiner der in den §§ 415 bis 418 geregelten Urkunden ein Würdigungsermessen. Das Gericht hat nur über die rechtliche Einordnung und die Rechtswirksamkeit der Erklärung zu befinden. Ist Beweisthema ein Sachverhalt, über den die beurkundete Erklärung berichtet, so ist das Würdigungsermessen bezüglich des Sachverhalts nur im Regelungsbereich des § 418 ausgeschlossen. Im übrigen muß das Gericht sich mit der Glaubwürdigkeit des Berichts im Rahmen des § 286 auseinandersetzen. Erst recht ist das Gericht zu einer Würdigung im Rahmen des § 286 befugt und gehalten, wenn die Abgabe der Erklärung bzw. das berichtete Ereignis als Indiz für ein anderes, zum Beweisthema erhobenes Ereignis ausgewertet werden soll.


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