Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
§ 284 Randnummer 10

In einem potentiellen Konflikt mit dem Gebot der möglichst wirklichkeitsgerechten Sachverhaltsrekonstruktion stehen auch sog. Beweismittelverträge , in denen die Parteien vereinbaren, daß für die Entscheidung ihres Rechtsstreits von bestimmten Beweismitteln kein Gebrauch gemacht werden soll. Die Rechtsprechung läßt derartige Verträge zu (BGH WM 1973, 144; anders LG Köln MDR 196O, 846 mit zustimmender Anm. von Egon Schneider). In der Literatur reicht das Meinungsspektrum von der völligen Unzulässigkeit (Rosenberg S. 87) bis zur uneingeschränkten Zulässigkeit (Grunsky Grundlagen, § 42 III 3; Gamp S. 75) in den von der Verhandlungsmaxime beherrschten Verfahren. Eine Mittelmeinung (RoSchwab § 114 I 3; StJ/Leipold § 286 RN 133) nimmt Zulässigkeit insoweit an, als das Beweisverfahren ohnehin nur durch Antrag der Parteien in Gang gebracht werden kann, mithin lediglich beim Zeugenbeweis und nicht auch in den Fällen der §§ 144, 273 Abs. 2 Nr. 4, 358a, 448. Da § 138 Abs. 1 den Parteien eine Disposition über Fakten versagt, die im Gegensatz zu dem Sachverhalt steht, der sich wirklich zugetragen hat, kann der in einem Beweismittelvertrag zum Ausdruck kommende Wille nicht als höherwertiges Interesse anerkannt werden, dem das Gebot der möglichst wirklichkeitsgerechten Sachverhaltsrekonstruktion zu weichen hätte. Weder kann das Gericht in dem Bereich gebunden werden, in dem es ohnehin von Amts wegen tätig werden darf, noch macht der Beweismittelvertrag einen ihm zuwiderlaufenden Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen unzulässig. Vielmehr hat das Gericht diesem Antrag im Rahmen der üblichen Voraussetzungen nachzugehen.


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Gesetzestext