Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 57

Für die geschilderten Fallkonstellationen ist den Gegnern der Schutzbereichslehre zuzugeben, daß der unmittelbare Durchgriff auf die von einer Norm geschützten Interessen die Aufgabe verfehlen kann, im Bereich der Folgeschäden zu einer angemessenen Risikoverteilung zwischen Verletzer und Verletztem zu kommen. Zur Bewältigung der Aufgabe bedarf es der Entwicklung argumentativer Zwischenschritte, die einen Weg bahnen vom Schutzbereich der Norm über die ersatzpflichtig machende Rechtsgutsverletzung zur konkret in Rede stehenden Schadensfolge. Auf spezifische Rechtsgüter bezogene Haftungsnormen haben den Zweck, den Inhabern der geschützten Rechtsgüter die Schäden abzunehmen, die ihnen durch Verletzung eben dieser Rechtsgüter entstehen, mag diese Verletzung auf der Verwirklichung einer verbotenen (Unrechtshaftung) oder erlaubten Gefährdung (Gefährdungshaftung) beruhen. Der Schutzzweck erfaßt nicht nur die unmittelbar am Rechtsgut selbst auftretenden Schäden, sondern auch die Folgeschäden, die sich erst aufgrund weiterer, zur Rechtsgutsverletzung hinzutretender Umstände entwickeln. Zum Schutzbereich der verwirklichten Haftungsnorm rechnet also grundsätzlich das volle Schadensrisiko, welches mit der in den Schutzbereich fallenden Rechtsgutsverletzung verbunden ist. Ausgenommen (und beim Geschädigten belassen) werden nur solche Schäden, mit denen sich (als Folge der Rechtsgutsverletzung!) ein Risiko verwirklicht, das zu den allgemeinen Lebensrisiken des Verletzten zählt.


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