Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 13

1. Normativer oder natürlicher Schadensbegriff?

Eine in sich konsistente, den gesetzlichen Rahmen wahrende und sozialpolitisch angemessene Schadensdogmatik muß sich des Wirkungsbereichs und der Funktionen des Schadensrechts vergewissern. Dazu trägt der Hinweis, daß das deutsche Schadensrecht heute vom „normativen Schadensbegriff" lebe (Steindorff ZHR 138 (1974), 518), ebensowenig bei wie der Aufruf, zu einem „natürlichen" oder „faktischen" Schadensbegriff zurückzukehren (Keuk VersR 1976, 401; Mertens S. 121 ff.). Schon die Begriffswahl ist wenig erhellend. täuscht sie doch eine theoretische Einheit vor, die es weder bei den Naturalisten noch bei den Normativisten (vgl. Medicus JuS 1979, 233) gibt. Es geht auch in der Regel gar nicht um unterschiedliche Schadensverständnisse, sondern um unterschiedliche Vermögensverständnisse. Außerdem existiert kein von der Natur vorgegebener (und schon dadurch legitimierter) Schadens-(Vermögens-)begriff. Der könnte ja nur im empirisch feststellbaren Sprachgebrauch einer relevanten (welcher?) Sprechergruppe identifiziert werden. Die divergierende Verwendung des Schadensbegriffs allein unter den Juristen, die sich mit dem Schadensrecht befassen. macht indes deutlich, daß jede vorgeschlagene Schadens-(Vermögens-)bestimmung auf einer sprachlichen Festsetzung beruht, die als normative unter Aufdeckung ihrer Voraussetzungen und Folgen legitimiert werden muß (umfassende Darstellung des Meinungsstandes zum Schadensbegriff bei Lange § 1).


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