Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 288 Randnummer 1

Die §§ 288 bis 290 regeln das Geständnisrecht in einer für sich betrachtet einfachen Weise. Die nicht beweisbelastete Partei kann Behauptungen über singuläre Begebenheiten durch Erklärung gegenüber dem Gericht mit der Folge zugestehen, daß die zugestandene Behauptung keines Beweises bedarf und dem Urteil zugrunde zu legen ist, wenn nicht das Geständnis widerrufen wird und die widerrufende Partei beweist, daß das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlaßt sei. Den Parteien des Zivilprozesses wird hier ganz offensichtlich ein Verfügungsrecht über die Sachverhaltsprämisse der nachgesuchten Entscheidung eingeräumt und mit ihm erlaubt, auch unzutreffende Behauptungen mit für das Gericht bindender Wirkung festzulegen. Klarheit und Eindeutigkeit der Regelung gehen indessen verloren, wenn man sie nicht mehr für sich betrachtet, sondern im Zusammenhang einerseits mit der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht gemäß § 138 Abs. 1 und 2 und andererseits mit der Anhörung (§ 141) und Vernehmung (insbesondere § 448) der Partei und der freien Verhandlungswürdigung (§ 286 ) durch das Gericht zu sehen versucht. Dann zeigen sich Wertungswidersprüche im vom Gesetzgeber Gesagten, die sich bedauerlicherweise auch nicht durch einen Rekurs auf das vom Gesetzgeber Gewollte ausräumen lassen. In einer solchen Situation ist man gezwungen, im unsicheren Grundlagen- und Prinzipienbereich bis hin zu den Prozeßzwecken nach Lösungen für die (geforderte) Ausräumung der Wertungswidersprüche zu suchen. Da nimmt es nicht wunder, daß die Ergebnisse solcher Entdeckungsfahrten höchst unterschiedlich ausfallen.


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