Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 402 Randnummer 6

D. Sachverständigenbeweis im Rechtsfragenbereich

In den Bereichen, in denen nach Satzstruktur und -gehalt der Beweis nicht durch Augenscheinseinnahme, Zeugen oder Parteien geführt werden kann, darf nicht für alle fraglichen Sätze Sachverständigenbeweis erhoben werden. Um die Klärung von Rechtsfragen muß der Richter sich grundsätzlich selbst bemühen, wenn nicht Fragen des ausländischen Rechts, des Gewohnheitsrechts oder der Statuten in Rede stehen (§ 293). Von ihm wird erwartet, daß er die gesetzten Rechtsnormen des innerstaatlichen Rechts mit ihrer Auslegung und Fortentwicklung in Rechtsprechung und Literatur entweder kennt oder doch Kenntnislücken bei gegebenem Anlaß ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen schließt. Und dennoch gibt es auch hier Fragen, zu deren Beantwortung der Richter - auch der Revisionsrichter - sich der Hilfe eines Sachverständigen bedienen darf. Da ist zum einen der Bereich, in dem die Rechtsnormen selbst auf den jeweiligen "Stand der Technik" verweisen (vgl. Arens S. 306 ff.; Nicklisch S. 298 ff.). Zum anderen dürfte heute Einigkeit darüber bestehen, daß auch Auslegungs- und Rechtsfortbildungsprobleme in Teilbereichen ein Zurückgreifen auf empirische Zusammenhänge erfordern (vgl. Koch/Rüßmann § 18 2 c; Larenz Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Studienausgabe 1983, Kapitel 5, 2 c und d, 3 b, Kapitel 6; Bydlinski Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1982, S. 451 ff.; Eike Schmidt S. 809 ff.). Zur Klärung solcher Zusammenhänge fehlt den Juristen als solchen häufig die Kompetenz. Sie sind deshalb auf Anleihen bei denen angewiesen, die diese Kompetenz haben, und da man die Informationen braucht, um allgemeine Rechtsfragen zu lösen, kann kein Zweifel darüber bestehen, daß auch der Revisionsrichter die fehlenden Informationen von Sachverständigen erbitten darf. Er ist dazu wegen seiner Rechtsvereinheitlichungsaufgabe sogar in erster Linie legitimiert (vgl. Eike Schmidt S. 814 f.).


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