Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 402 Randnummer 28

Neben wirtschaftlichen Gründen, die zwar im Rahmen des § 287, aber nicht generell durchschlagen dürfen, gibt es auch andere Gründe, die eine ins einzelne gehende Überprüfung der Feststellungen des Sachverständigen hindern können. Ethische Gründe stehen etwa der richterlichen Kontrolle ärztlicher Befunderhebungen entgegen, kognitive Hindernisse der Kontrolle komplizierter physikalischer, chemischer oder technischer Untersuchungen. Auch den von einem Meinungsforschungsinstitut ausgesandten Interviewern kann der Richter nicht bei ihren Frageaktionen auf die Finger schauen. In allen diesen Situationen bleiben dem Richter lediglich Sekundärmaßstäbe für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der ihm unterbreiteten Feststellungen (,,Seriositätsindizien" vgl. Stahlmann in: Pieper/Breunung/Stahlmann S. 104 ff.). Diese zielen vor allem auf die Persönlichkeit und die Qualifikation des Sachverständigen: ,,Je weniger das Gericht die Sachaussage des Sachverständigen überprüfen kann, um so mehr hängt die Überzeugung des Gerichtes über die Richtigkeit dieser Aussage von der Autorität ab, die das Gericht dem Sachverständigen zuerkennt. Deshalb muß das Gericht hier besonders sorgfältig feststellen, welches Maß an Autorität die persönlichen und fachlichen Qualifikationen des Sachverständigen begründen" ( Müller S. 330, 331). Wo Zweifel auch hinsichtlich der Sekundärmaßstäbe bestehen, muß gegebenenfalls ein weiterer Sachverständiger hinzugezogen werden (BGHZ 53, 245, 258 f.). Ob das allerdings auch bei technischen Großprozessen weiterhilft, mag man mit Fug bezweifeln (vgl. Arens S. 302 f.).


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