Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
§§ 394-397 Randnummer 9

1. Eröffnungsphase

In der Eröffnungsphase sollte man versuchen, das Optimum an Bereitschaft zu einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage zu erreichen. Dazu muß man sich dem Zeugen selbst öffnen, ihm etwa für sein Erscheinen trotz beschwerlicher Anfahrt oder für sein Warten danken, ihm gegebenenfalls die verschiedenen Verfahrensbeteiligten mit ihren dem Zeugen unbekannten Rollen vorstellen, ihm eine Sitzgelegenheit anbieten. Es empfiehlt sich weiterhin, den Zeugen mit der Aufgabe des Gerichts vertraut zu machen, eine gerechte Entscheidung auf der Grundlage materieller Wahrheit zu treffen, und des Zeugen Mitverantwortung für die Erfüllung dieser Aufgabe anzusprechen. Bei wiederholten Vernehmungen kann ein Hinweis auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme helfen, dem Zeugen das Gefühl zu nehmen, man mißtraue seiner ersten Bekundung, und ihn zur weiteren Mitarbeit motivieren. Man steigert das Selbstwertgefühl des Zeugen, wenn man sich an seiner Person, seinen privaten oder beruflichen Tätigkeiten interessiert zeigt, sich dem Zeugen geläufige Dinge erklären läßt. All das dient dazu, den Zeugen zu enthemmen, ihn aufzuschließen, ihm seine Angst zu nehmen, aber auch ihn von einer erwogenen Lüge oder Halbwahrheit abzubringen. Nutzen lassen sich für eine solche vernehmungspsychologisch sinnvolle Eröffnung die Belehrung des Zeugen und seine Vernehmung zur Person.


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Gesetzestext