Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
§ 286 Randnummer 6

a) Deterministische Erfahrungssätze

Die Unterscheidung zwischen deterministischen und statistischen (probabilistischen) Erfahrungssätzen spielt für die Verwendung dieser Sätze eine bedeutende Rolle. Die die Verwendung deterministischer Erfahrungssätze regelnden Denkgesetze sind die Regeln der deduktiven Logik (vgl. dazu Herberger/Simon und Salmon). Ihre wichtigste Eigenschaft ist es, daß sie die Wahrheit der Prämissen zweifelsfrei auf den regelgerecht gefolgerten Satz übertragen. Der Verwender braucht lediglich darauf zu achten, welche Art der deterministischen Verknüpfung zwischen einem Indiz (I) und dem gesuchten Sachverhaltsmerkmal (G) in den - als gültig unterstellten - Erfahrungssätzen behauptet wird, um mit mathematisch-logischer Gewißheit zu entscheiden, ob und welche Stellungnahme ihm das derzeitige empirische Wissen zum fraglichen Sachverhaltsmerkmal erlaubt. Die Grundverknüpfungen sind Wenn-dann-Verknüpfungen, welche entweder umkehrbar sowohl ,,wenn I, dann G", als auch ,,wenn G, dann I" (1) behaupten oder aber nicht umkehrbar ,,wenn I, dann G" (2) bzw. ,,wenn G, dann I" (3) behaupten. Im Falle (1) kann man das Indiz eine sowohl hinreichende als auch notwendige Bedingung für das gesuchte Merkmal, im Falle (2) eine hinreichende und im Falle (3) eine notwendige Bedingung nennen. (2) erlaubt den Schluß von I auf G (modus ponens), (3) von Nicht-I auf Nicht-G (modus tollens) und (1) trägt beide Schlußmöglichkeiten in sich. Selbstverständlich gibt es im deterministischen Bereich Kettenschlußmöglichkeiten von I auf G - bei Erfahrungssätzen ,,wenn I, dann H" und ,,wenn H, dann G" - und Mehrfachschlüsse auf G - bei den Indizien I 1 und I 2 und den Erfahrungssätzen ,,wenn I 1, dann G" und ,,wenn I 2, dann G". Das alles ist unproblematisch und verlangt allein die Beherrschung einiger Grundregeln der deduktiven Logik.


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Gesetzestext