Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 51

a) Haftung für inadäquate Schäden

Im Impfschadenfall (BGH 18, 286) hatte eine beim Ehemann und Vater der Kläger durchgeführte Schutzimpfung infolge ganz ungewöhnlicher Umstände zu dessen Tode geführt. Hier konnte der Aufopferungsanspruch der Hinterbliebenen nicht davon abhängen, ob die Realität gewordenen Komplikationen mit einer gewissen statistischen Regelmäßigkeit auftreten oder so selten sind, daß man mit ihnen nicht zu rechnen brauchte. Der Aufopferungsanspruch soll dem Geschädigten das Vermögensrisiko des Impfschadens überhaupt abnehmen. Im Ergebnis entschied der BGH ebenso - unter Berufung auf den Adäquanzgedanken, der dann in der Begründung jeglicher Konturen beraubt wird. Denn es sei ,,zu berücksichtigen, daß die Frage der Adäquanz zwischen Bedingung und Erfolg nicht rein logisch abstrakt nach dem Zahlenverhältnis der Häufigkeit des Eintritts eines derartigen Erfolges beantwortet werden kann, sondern daß mit einer wertenden Beurteilung aus der Vielzahl der Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne diejenigen ausgeschieden werden müssen, die bei vernünftiger Beurteilung der Dinge nicht mehr als haftungsbegründende Umstände betrachtet werden können, daß mit anderen Worten mit einer wertenden Beurteilung die Grenze gefunden werden muß, bis zu der dem Urheber einer Bedingung eine Haftung für ihre Folgen billigerweise zugemutet werden kann" (BGH 18, 288). Die Aufgabe ist mit der Adäquanzformel nicht zu bewältigen. Das zeigt auch das von Weitnauer (FS Oftinger S. 339) berichtete Beispiel eines Uranunfalls in einem nordamerikanischen Laboratorium: Die Uranbehälter waren von solcher Größe und so angeordnet, daß das zufällige Zustandekommen einer Kettenreaktion als ausgeschlossen angesehen wurde. Infolge von zwölf nacheinander vorgenommenen ungewöhnlichen und unzusammenhängenden Handlungen trat der ganz ungewöhnliche Fall aber dennoch ein: In einem Gefäß wurde eine zur Kettenreaktion ausreichende Menge der Uranlösung zusammengeschüttet, und es kam zu einem nuklearen Unfall. Auf den Rechtsbereich der BRD übertragen müßte derjenige, der dabei Sicherungsvorschriften verletzt hat, „nach § 823 BGB haften und könnte sich, nach dem Sinne der Sicherungsvorschrift, nicht auf Inadäquanz berufen, obwohl der einzelne von zwölf Verstößen die Wahrscheinlichkeit, daß eine Kettenreaktion eintrat, nur in ganz geringfügiger, unerheblicher Weise erhöhte" (Huber FS Wahl S. 320).


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