Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 35

2. Differenzierung nach objektsbezogenen und anderen Eingriffen?

Die Annahme des Frustrierungsgedankens zwingt zur Aufgabe der Differenzierung nach objektsbezogenen und anderen Eingriffen, die dem Berechtigten die angestrebte Nutzung unmöglich machen (a. A. Köndgen AcP 177 (1977), 128 f.; wie hier Larenz SchuldR AT § 29 II c, der dieses Zwanges wegen den Frustrierungsgedanken aufgegeben hat). Mit dieser Differenzierung will die Rechtsprechung der Gefahr wehren, „im Bereich der Körper- und Gesundheitsverletzungen neben den herkömmlich anerkannten Ersatzpflichten Lasten unübersehbaren Umfangs" (BGH 55, 146 ff., 152 - „Jagdpächter") zu schaffen. Sie wählt dabei ein untaugliches Mittel zur Erreichung eines nicht einmal als legitim ausgezeichneten Ziels. Denn die Lasten können als solche nicht wegdisputiert werden. Es geht nur um ihre Verteilung. Diese richtet sich nach haftungsbegründenden Tatbeständen. Tritt nun eine Belastung in der Folge eines haftungsbegründenden Ereignisses auf, so greift der vom Gesetz vorgesehene Umverteilungsmechanismus ein: der Schaden des Berechtigten wird zur Last des Verpflichteten. Die Aufhebung dieses Mechanismus durch eine Differenzierung nach objektsbezogenen und nicht objektsbezogenen Eingriffen findet im Gesetz keine Stütze. Sie läßt sich beim Untergang von Gütern, die unstreitig Vermögenswert haben, nicht durchhalten (Wer den Viehhüter verletzt, muß für dessen eingegangenes Vieh ebenso Ersatz leisten, wie wenn er unmittelbar auf das Vieh eingewirkt hätte) und sollte auch nicht zur Zurücknahme von Positionen verleiten, die bei der Diskussion um den Vermögenswert begründet worden sind. Ist einem Gut einmal Vermögenswert zugesprochen worden, so verpflichtet sein Entzug im Rahmen eines haftungsbegründenden Tatbestands zum Schadensersatz, mag sich der Eingriff auf das Gut oder die zur Nutzung berechtigte Person beziehen. Entscheidend ist allein, ob das betreffende Gut nach den Dispositionen des Ersatzberechtigten das Äquivalent eines in Geld ausdrückbaren gesellschaftlichen Durchschnittswerts und infolge des haftungsbegründenden Ereignisses unwiederbringlich verloren ist.


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