Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 22

8. Grenzen der Restitution und Bedarfsschaden

Die Rechtsprechung hat die Grenzen der Restitution nicht immer beachtet und Restitutionsansprüche über den gesetzlich fixierten Restitutionsbereich hinaus gewährt. Dabei stützt sie sich auf das namentlich von Zeuner (AcP 163 (1963), 380) entwickelte Bedarfsschaden sargument: Grundlage des Schadensrechts sei der durch das schädigende Ereignis entstandene Bedarf. Der Gläubiger könnte im Restitutionswege den für den Ausgleich des Bedarfs erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Satz 2) und über ihn nach freiem Ermessen verfügen. Die Verfügungsmöglichkeit zu anderen Zwecken als der Bedarfsdeckung zeige, daß der Anspruch lediglich an die Bedarfsentstehung gebunden sei und durch einen Fortfall des Bedarfs nicht mehr berührt werde. Also, schließt man messerscharf, können die Kosten für ein Medikament auch dann noch verlangt werden, wenn der Verletzte inzwischen ohne das Medikament längst gesund geworden ist (BGH NJW 1958, 627), und die Nutzungsentschädigung rechtfertigt sich nach dem einmal entstandenen Nutzungsbedarf, mag das Auto auch längst repariert wieder zur Verfügung stehen und der Geschädigte seinen Bedarf nicht durch Anmietung eines Ersatzfahrzeugs gedeckt haben. Verkannt wird dabei allerdings, daß nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung die Restitutionsansprüche des § 249 von der Restitutionsmöglichkeit abhängig sind (§ 251 Abs. 1). Diese entfällt mit dem Bedarf. Danach bleibt allein der Kompensationsanspruch, der den Nachweis eines in Geld meßbaren Vermögensschadens verlangt. Wer auch ohne diesen Restitutionsansprüche in den Kompensationsbereich verlängert, mag zu seinen Gunsten anführen, daß er den Schuldner nicht für Leistungsverzögerungen belohnen möchte (Grunsky S. 21; ders. MünchKomm. § 249 Rz. 16; BGH 45. 212 ff., 216 f.). Er beruft sich damit aber auf ein dem Ausgleichsdenken fremdes Argument, das zudem auf schwachem Fundament steht. Denn der Gläubiger hätte seinen Bedarf ja seinerseits decken und den Schuldner unbeschadet jeder Verzögerung mit den Kosten belasten können. Die Kosten bleiben auch nach erfolgter Restitution und werden bei der Differenzermittlung berücksichtigt (vgl. auch Lange § 5 V 5).


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