Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
§ 255 Randnummer 1

Am Grundtatbestand des § 255 sind drei Personen beteiligt: der Ersatzberechtigte (EB), der Ersatzverpflichtete (EV) und ein Dritter (D). Im auch dem Gesetzgeber vorschwebenden Grundfall (Mot. II S. 25 f.) ist EB der Eigentümer einer Sache, die von EV nachlässig verwahrt und infolgedessen von D gestohlen wird. Gegen D hat EB aufgrund seines Eigentums einen Herausgabeanspruch (§ 985); gegen EV einen Schadensersatzanspruch (Vertragsverletzung und Delikt). Ungeschriebene Voraussetzung des § 255 ist, daß bei der Berechnung des gegen EV geltend zu machenden Schadens der Herausgabeanspruch gegen D nicht berücksichtigt wird. EB hat gegen EV einen Anspruch auf vollen Wertersatz. Wertersatz und Herausgabeanspruch würden ihn besser stellen, als er vor dem Schadensereignis gestanden hat. Die drohende Bereicherung sucht § 255 zu verhindern, indem er EB verpflichtet, auf ein einredeweise geltend zu machendes Begehren des EV hin diesem den Herausgabeanspruch gegen D abzutreten. Die Rechtsprechung nimmt darüber hinaus eine Abtretungspflicht auch dann an, wenn EV schon gezahlt hat und für eine Einrede an sich kein Raum mehr ist (RG 117, 338; BGH 52, 42). Insgesamt verlagert § 255 das Durchsetzungs- und Wiedererlangungsrisiko von EB auf EV.


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Gesetzestext