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Verschulden

Der Schuldnerverzug ist gemäß § 286 Abs. 4 BGB ausgeschlossen, wenn der Schuldner die Leistungsverzögerung nicht zu vertreten hat. Was der Schuldner zu vertreten hat, ergibt sich aus §§ 276 bis 278 BGB. Damit hat sich der Gesetzgeber auch beim Schuldnerverzug für das Verschuldensprinzip in der besonderen Ausprägung entschieden, dass das Verschulden nicht Voraussetzung für den Verzug ist, sondern das Nichtverschulden den Eintritt des Verzuges hindert. Der Schuldner befindet sich daher stets im Verzug, wenn die Voraussetzungen des § 286 Abs. 1 bis 3 BGB vorliegen und er nicht beweisen kann, dass er oder ein Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) die Leistungsverzögerung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Als Entschuldigungsgründe, die ein Verschulden ausschließen und den Eintritt des Verzuges hindern, kommen insbesondere in Betracht:

- zufällige vorübergehende Unmöglichkeit: Der Schuldner hat die Leistungsverzögerung nicht zu vertreten, wenn er durch unerwartete und außerhalb seiner Person liegende Umstände vorübergehend an der Leistung gehindert wird. Man spricht in diesen Fällen zufälliger übermäßiger Leistungserschwerung von höherer Gewalt. Beispiele hierfür sind Betriebsstilllegungen oder Verkehrsbehinderungen, die auf einem Krieg oder einer Umweltkatastrophe beruhen. Der Entschuldigungsgrund der höheren Gewalt wird aber regelmäßig nur dann eingreifen, wenn das Leistungshindernis für den Schuldner bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar war. Ebenso hat der Schuldner unverschuldete bei Vertragsschluss nicht vorhersehbare persönliche Gründe nicht zu vertreten. Dies gilt insbesondere für schwere Erkrankungen des Schuldners, wenn sie nicht von diesem selbst willentlich herbeigeführt wurden und die Leistungserbringung von der persönlichen Mitwirkung des Schuldners abhängt (vgl. zum Ganzen: Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, § 16 VI 1).

- Unverschuldete Unkenntnis der Person und/oder der Anschrift des Gläubigers: Dieser Entschuldigungsgrund liegt etwa dann vor, wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz gewechselt hat, ohne den Schuldner darüber zu unterrichten oder wenn die Forderung durch Abtretung oder infolge eines Erbfalles auf einen anderen als den bisherigen Gläubiger übergegangen ist und der Schuldner über Anschrift und/oder Person des neuen Gläubigers nicht informiert worden ist. Es ist nämlich grundsätzlich nicht Sache des Schuldners, Ermittlungen über Person und/oder Adresse des Gläubigers anzustellen (Soergel/Wiedemann, § 285 Rdnr. 6).

- Tatsachen- oder Rechtsirrtum: Irrt sich der Schuldner über die tatsächlichen Voraussetzungen seiner Leistungspflicht (Tatsachenirrtum), ohne dabei Sorgfaltspflichten zu verletzen, dann gerät der Schuldner unstreitig nicht in Verzug. Dies wäre z.B. anzunehmen, wenn der Schuldner einen gegen ihn gerichteten Schadensersatzanspruch auf Grund unvollständiger Angaben des Gläubigers über den Schadensumfang der Höhe nach falsch berechnet. Nicht entschuldigt dagegen wäre z.B. ein Irrtum des Schuldners über seine Leistungspflicht, der darauf beruht, dass dieser sich den Vertragstext nicht ordentlich durchgelesen hat. Beruht die Leistungsverzögerung darauf, dass der Schuldner die Rechtslage zu seinen Gunsten falsch beurteilt hat (Rechtsirrtum), so ist das Vertretenmüssen problematisch. Die Rechtsprechung erkennt den Rechtsirrtum als Entschuldigungsgrund zwar grundsätzlich an, hat aber in den Einzelheiten noch zu keiner klaren Linie gefunden. Dabei stehen sich Urteile und Stellungnahmen in der Literatur, die einen entschuldigenden Rechtsirrtum erst dann bejahen, wenn der Schuldner bei Wahrung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einem Obsiegen in einem Rechtsstreit rechnen durfte und solche, die einen entschuldigenden Rechtsirrtum bei verwickelter Rechtslage bereits dann bejahen, wenn der Standpunkt des Schuldners vertretbar war, unversöhnlich gegenüber (Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, § 16 VI 2 a). Für das Zivilrecht weitgehend anerkannt ist lediglich, dass derjenige, der sich auf eine gefestigte Rechtsprechung verlässt, nicht schuldhaft handelt und insbesondere nicht damit rechnen muss, dass diese Rechtsprechung sich ändern wird (Emmerich aaO.).

Jeder Schuldner hat allgemein jede Leistungsverzögerung zu vertreten, die nur darauf beruht, dass er einen finanziellen Engpass hat. Man könnte auch salopp formulieren: "Geld hat man zu haben!" (Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, § 16 Rdnr. 65; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Band 1: Allgemeiner Teil, § 23 I b (S. 348)).

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© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
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